[ Pobierz całość w formacie PDF ]
.Logan hatte es vorher nicht bemerkt, und jetzt nahm er es zur Hand.Es war eine zerlesene Ausgabe von Alan Mooreheads Die Quellen des Nil.Es war eine Geschichte über die Erforschung des Flusses.Er erinnerte sich, als Kind darin gelesen zu haben.«Seite neunundfünfzig», sagte Rush.Logan blätterte durch das Buch, fand die Seite und begann zu lesen.Der Nil ist ein komplizierter Strom.Er fließt in breitem und recht regelmäßigem Verlauf durch die Wüste, schließlich wendet er sich nach Westen.Die Luft wird feuchter, die Ufer werden grüner, und das sind die ersten warnenden Anzeichen, die ankündigen, dass der Sudd vor einem liegt.Auf der ganzen Welt gibt es keinen Sumpf, der furchtbarer wäre als der Sudd.Der Nil verliert sich in einem riesigen See von Papyrusgräsern, Schilfröhricht und verrottender Vegetation, und in dieser stinkenden Hitze gedeiht ein tropisches Leben, das sich seit Anbeginn der Welt kaum verändert haben kann; es ist so urtümlich und menschenfeindlich wie das Sargasso-Meer.…Dieses Gebiet ist weder Wasser noch Land.Jahrein, jahraus bringt die Strömung mehr treibende Vegetation heran und packt sie zu festen Klumpen zusammen, stellenweise über sechs Meter dick und so stark, dass ein Elefant darauf gehen kann.Doch dann brechen diese Klumpen auseinander, bilden Inseln und formen sich an anderer Stelle neu, und das wiederholt sich unentwegt und ohne Ende in tausend ununterscheidbaren Mustern.…Hier gibt es nicht einmal eine Gegenwart, geschweige denn eine Vergangenheit; außer auf den vereinzelten Inseln von festem Boden hat niemals ein Mensch in dieser Einöde aus treibendem Rohr und Schlamm gelebt oder leben können, nicht einmal ein wirklich Wilder.Die niederen Lebensformen gedeihen hier in irrem Überfluss, für den Menschen hingegen enthält der Sudd nichts außer Hunger, Krankheit und Tod.Logan klappte das Buch zu.«Mein Gott.Dieser Ort existiert tatsächlich?»«Und ob.Wir werden vor Anbruch der Dämmerung dort sein.» Rush verlagerte sein Gewicht auf der Bank.«Stell dir vor, eine Region von vielen tausend Quadratkilometern, weniger Sumpf als vielmehr ein Labyrinth aus Papyrusinseln und mit Wasser vollgesogenen Stämmen.Und Schlamm.Schlamm überall, wohin das Auge sieht.Schlamm, der tückischer ist als Treibsand.Der Sudd ist nicht tief, oft nicht tiefer als vier oder fünf Meter, doch er ist nicht nur unglaublich zugewachsen mit Wasserpflanzen, das Wasser ist außerdem so voller Schlick, dass ein Taucher die Hand vor Augen nicht sehen kann.Tagsüber wimmelt es im Wasser vor Krokodilen, nachts vor Moskitos in der Luft.Sämtliche frühen Entdecker mussten die Durchquerung aufgeben und den Sudd letztendlich umrunden.Der Sudd mag heutzutage nicht mehr ganz so abgelegen oder unpassierbar erscheinen wie zu der Zeit, von der Moorehead schreibt, aber es ist bei weitem kein Picknick.Der Sudd erstreckt sich in einem weiten, flachen Tal, und er breitet sich Jahr für Jahr weiter aus.Nur ein klein wenig, doch er breitet sich aus.Er ist wie ein lebendes Ding – und das ist der Grund, warum wir ein so schmales Boot brauchen.Den Sudd zu durchqueren ist, als versuche man, eine Nadel durch eine Baumrinde zu schieben.Jeden Tag umkreist ein Helikopter das Gebiet und kartiert die Wirbel und zeichnet die neuen Wege, die sich über Nacht gebildet haben.Wege, die sich von Tag zu Tag ändern.»«Dann ist das Boot also eine Art Eisbrecher», sagte Logan und dachte an die merkwürdigen Plattformen rechts und links des Bugs.Rush nickte.«Der geringe Tiefgang hilft, Hindernisse unter Wasser zu vermeiden, und der Heckpropeller liefert die rohe Kraft, die erforderlich ist, um Engstellen zu überwinden.»«Du hast recht», sagte Logan.«Es klingt tatsächlich wie die Hölle auf Erden.Aber warum sind wir …» Er unterbrach sich.«O nein!»Rush nickte.«O ja.»«Gütiger Gott.» Logan verstummte sekundenlang.«Okay.Also liegt Narmers Grabstätte im Sudd.Aber warum?»«Erinnerst du dich, was Stone gesagt hat? Denk drüber nach.Narmer nahm nie da gewesene Mühen auf sich, um den Ort seines Grabes zu verschleiern.Er ließ sogar die Grenzen Ägyptens hinter sich und die sechs Katarakte des Nil.Er reiste bis nach Nubien – ein gefährlicher Vorstoß in feindliche Gebiete.Wenn man bedenkt, wie früh in der ägyptischen Geschichte das alles war – vergiss nicht, es ist die archaische Periode, die Zeit der ersten Dynastie –, ist die Wahl seines Grabs durchaus mit dem Bau der Großen Pyramiden zu vergleichen.Nicht nur das – Narmer ist der einzige Pharao, der nicht in Ägypten bestattet ist.Wie du wahrscheinlich weißt, mussten sämtliche Pharaonen in ägyptischer Erde begraben werden.»Logan nickte.«Das ist der Grund, warum Ägypten nie Kolonien hatte.»«Angesichts all dessen, Jeremy – angesichts dieser unglaublichen Anstrengungen, der Kosten und des Risikos, die Narmer auf sich genommen hat – für wie wahrscheinlich hältst du es, dass sein Grab nur wenige Dinge von Wert enthält?»«Aber ein undurchdringlicher Sumpf …» Logan schüttelte den Kopf.«Denk nur an die Logistik, die für die Errichtung des Grabmals erforderlich war – insbesondere für eine primitive Kultur in einer feindseligen Umgebung.»«Darin liegt ja gerade die teuflische Schönheit der Sache.Erinnerst du dich – ich habe gesagt, der Sudd breitet sich jedes Jahr ein wenig weiter aus? Narmer wusste das.Er konnte sein Grabmal am damaligen Rand des Sudd errichten und den Ort geheim halten.Unter der Oberfläche des Sudd-Tals gibt es ein ausgedehntes System vulkanischer Höhlen
[ Pobierz całość w formacie PDF ]